BGH: Autovermieter müssen unfallgeschädigte Kunden auf überhöhte Tarife hinweisen
BGH 28.6.2006, XII ZR 50/04
Bieten Autovermieter ihren Kunden ein Unfallersatzfahrzeug zu einem erheblich über dem Normaltarif liegenden Tarif an, müssen sie die Kunden darüber aufklären, dass die Haftpflichtversicherung möglicherweise nicht den vollen Tarif übernimmt.
Erfolgt dieser Hinweis nicht, kann der Kunde gegen den Autovermieter einen Schadensersatzanspruch haben.
Eine Autovermietung hatte nach einem Verkehrsunfall dem Geschädigten einen Unfallersatzwagen vermietet und hierfür 2.100 Euro berechnet. Die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners wollte lediglich 750 Euro davon bezahlen.
Die Differenz verlangte die Autovermietung auf gerichtlichem Wege vom Unfallgeschädigten, der den Wagen angemietet hatte.
Der Beklagte verweigerte die Zahlung und berief sich darauf, dass die Autovermietung ihn nicht darauf aufmerksam gemacht habe, dass er den Ersatzwagen auch zu einem wesentlich günstigeren Tarif hätte mieten können, dessen Ersatz von der gegnerischen Haftpflichtversicherung nicht abgelehnt worden wäre. Wegen der Verletzung der Aufklärungspflicht stehe ihm ein Schadensersatzanspruch zu, mit dem er gegen die Forderung der Klägerin aufrechne.
Die Klage der Autovermietung hatte zwar in den ersten beiden Instanzen Erfolg, wurde dann aber v om Bundesgerichtshof (BGH) abgewiesen.
Der BGH hat klargestellt, dass die Autovermietung gegenüber Ihrem Kunden die Aufklärungspflicht verletzt hat. Der Autovermietung sei gegenüber Ihren Kunden verpflichtet, diese über Besonderheiten der Mietsache, die für den Mieter von erkennbarer Bedeutung sind, aufzuklären. Das Bestehen der Aufklärungspflicht richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Person des Mieters und dessen für den Vermieter erkennbarer Geschäftserfahrenheit. Nach diesen Grundsätzen müssen auch Autovermieter ihre Kunden über die maßgebenden Umstände der Autovermietung aufklären. Hierzu gehöre auch eine Aufklärung über die verschiedenen in der Autovermietungsbranche üblichen Tarife. Auf dem Markt für Mietwagen herrsche in Deutschland eine Tarifspaltung. Wer aus privaten oder geschäftlichen Gründen einen Pkw mietet und die Miete selbst zahlt, hat dafür den so genannten "Normaltarif" zu entrichten. Benötigt der Geschädigte dagegen nach einem Unfall einen Ersatzwagen, wird ihm von zahlreichen Vermietern ein so genannter "Unfallersatztarif" angeboten. Dieser übersteigt meist erheblich den für Selbstzahler angebotenen "Normaltarif". Derzeit liegen die Unfallersatztarife durchschnittlich um mindestens 100 Prozent über dem örtlichen "Normaltarif".
Die Anmietung eines Fahrzeugs zum "Unfallersatztarif" kann sich unter Umständen als nachteilig für den Mieter herausstellen, weil die Haftpflichtversicherungen den "Unfallersatztarif" oftmals nicht vollständig übernehmen. Da der Vermieter in der Regel weiß, dass diese Probleme bei der Schadenregulierung auftreten können, muss er seine Kunden hierüber aufklären und auf günstigere Tarife hinweisen.
Zum Umfang der Aufklärungspflicht der Autovermieter stellte der BGH fest, dass Autovermieter keinesfalls auf ihr günstigstes Angebot oder auf noch günstigere Angebote der Konkurrenz hinweisen müssen. Lediglich dann, wenn sie dem Unfallgeschädigten einen Tarif anbieten, der deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt liegt, und dadurch die Gefahr besteht, dass die Haftpflichtversicherung nicht den vollen Tarif übernimmt, muss der Mieter darüber aufgeklärt werden. Im zu entscheidenden Fall lag der von der Autovermietung angebotene "Unfallersatztarif" deutlich über dem "Normaltarif", so dass der BGB eine entsprechende Aufklärungspflicht der Autovermietung bejaht hat. Da die Autovermietung dieser Pflicht nicht nachgekommen war, musste der Kunde die Differenz zwischen Erstattungsleistung der Versicherung und Mietpreis nicht bezahlen.
"Ich würde alles noch einmal so machen, wie ich es getan habe. Bis auf eine Ausnahme: Ich würde früher bessere Berater suchen."
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