Vererben, aber richtig ! Ein Fall aus der Praxis

Zur Vermeidung späterer Streitigkeiten müssen Testamente eindeutig formuliert werden!

Durch eindeutige Formulierung des Testaments/Vermächtnisses kann der zukünftige Erblassers dafür sorgen, dassspätere Streitigkeiten unter den Erben und Vermächtnisnehmern vermieden werden.

 

Ergeben sich im Rahmen der Nachlassauseinandersetzung Fragen, kann der Erblasser naturgemäß nichts mehr dazu sagen, was er wirklich gewollt hat. Den Hinterbliebenen bleiben dann nur noch deren Vermutungen, die erfahrungsgemäß weit auseinander gehen können und auch nicht immer vom – vermuteten – Willen des Erblassers geleitet sein müssen.

 

In dem von mir betreuten gerichtlichen Verfahren ist der Sohn der Erblasserin von deren bester Freundin auf die Herausgabe von diversen Schmuckgegenständen von erheblichem Wert verklagt wordenDer Sohn hatte nach dem Tod seiner Mutter in deren Unterlagen zwei Dokumente gefunden. Eine handschriftliche Erklärung seiner Mutter, nach der ihre beste Freundin den gesamten Schmuck „erben“ (die Verstorbene hatte ausdrücklich den Begriff „erben“ verwendet) soll und ein späteres notarielles Testament, in dem er als Alleinerbe von seiner Mutter eingesetzt worden ist. Er sah sich nun mit der Situation konfrontiert, dass er nicht wusste, was seine Mutter tatsächlich gewollt hat. Sollte die beste Freundin den gesamten Schmuck erhalten und er das restliche Vermögen oder wollte seine Mutter mit dem notariellen Testament, das ja zeitlich nach der handschriftlichen Erklärung zugunsten der Freundin abgefasst worden ist, die Verfügung zugunsten der Freundin widerrufen – was grundsätzlich möglich ist -<span> </span>und ihren gesamten Nachlass, auch den Schmuck, ausschließlich ihm zukommen lassenDafür, dass ausschließlich er Begünstigter des Nachlasses sein sollte, sprach nach Auffassung des Sohnes der Umstand, dass seine Mutter zuerst der Freundin den Schmuck „vererbt“ und anschließend, in dem notariellen Testament, ihn als Alleinerben eingesetzt hat. Mit dem jüngeren notariellen Testament, so der Sohn, habe seine Mutter daher ausdrücklich deutlich gemacht, dass ihre Verfügung zugunsten der Freundin keine Gültigkeit mehr haben und er ihr gesamtes Vermögen erhalten soll. Nach seiner Auffassung könne es nicht sein, dass er wirksam, in einem notariellen Testament als Alleinerbe eingesetzt worden ist und gleichzeitig die beste Freundin den Schmuck „erben“ soll. Das ältere Dokument habe durch das jüngere notarielle Testament seine Wirksamkeit verloren, sei zwar nicht ausdrücklich, aber doch sinngemäß durch seine Einsetzung als Alleinerbe widerrufen wordenAnders hat es das Landgericht gesehen. Nach dessen Auffassung handelt es sich bei der handschriftlichen Urkunde um ein sogenanntes Vermächtnis, welches durch die notarielle Einsetzung des Alleinerben nicht widerrufen worden und somit auch noch wirksam ist. Der Sohn muss danach den Schmuck an die beste Freundin seiner Mutter herausgeben.

 

Um dieses Ergebnis nachvollziehen zu können, bedarf es des Verständnisses von einem wesentlichen Merkmal des deutschen Erbrechts: Dem Unterschied zwischen Erbschaft und Vermächtnis. Erbe wird derjenige, der aufgrund einer wirksamen Verfügung (Testament) des Erblassers als solcher bestimmt worden ist. Fehlt es an einer Erbeinsetzung tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Vermächtnisnehmer wird hingegen jemand, dem der Erblasser lediglich einen bestimmten Gegenstand aus seinem Vermögen durch eine wirksame Verfügung (Vermächtnis) zugewendet hat. Die Rechtspositionen von Vermächtnisnehmer und Erbe unterscheiden sich in einem wesentlichen Punkt. Der Erbe wird mit dem Tod des Erblassers unmittelbar Eigentümer des gesamten Nachlasses, auch der an Dritte Personen vom Erblasser vermachten Gegenstände. Der Vermächtnisnehmer hat demgegenüber lediglich einen Herausgabeanspruch gegen den Erben aufgrund des VermächtnissesVor dem Hintergrund des dargestellten Unterschiedes zwischen Erbschaft und Vermächtnis wird die Entscheidung des Landgerichts auch für den Laien nachvollziehbar: Bei der ersten Verfügung der Mutter handelte es sich um ein Vermächtnis zugunsten der besten Freundin, nach dem diese ausschließlich den Schmuck erhalten soll. Auf die laienhafte Wortwahl der Erblasserin, die ja ausdrücklich festgehalten hatte, dass die Freundin den Schmuck „erben“ solle, kommt es dabei nicht an. Denn es steht außer Zweifel, dass die Erblasserin ihrer Freundin ausschließlich den Schmuck zukommen lassen wollte und nicht den gesamten Nachlass. Eine solche Zuwendung ist nach dem Gesetz ein Vermächtnis. Dies gilt unabhängig von der Wortwahl des Laien, dem die Unterscheidung zwischen Vermächtnis und Erbschaft gemeinhin nicht geläufig ist. Die Freundin ist somit Vermächtnisnehmerin geworden. Durch das notarielle Testament hat die Erblasserin ihren Sohn später als Alleinerben eingesetzt. Da es nach dem Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist, dass der Erblasser neben seinen Erben auch Vermächtnisnehmer begünstigen kann, schließt die Einsetzung einer Person zum Alleinerben die Zuwendung von Vermächtnissen, durch die der Erbe belastet wird, nicht aus. Da demnach zwischen beiden Erklärungen kein Widerspruch besteht, kommt ein sinngemäßer Widerruf des Vermächtnisses durch das notarielle Testament nicht in Betracht. Beide Erklärungen können nebeneinander Bestand haben. Insbesondere können Vermächtnisse sogar soweit führen, dass der Erbe den gesamten Nachlass herausgeben muss und er auf seinen Pflichtteil verwiesen wäre. Der kostenintensive Rechtsstreit zwischen Sohn und bester Freundin der Mutter hätte durch einen einfachen Satz in dem notariellen Testament vermieden werden können, mit dem das vorherige Vermächtnis entweder ausdrücklich aufgehoben oder dessen Bestandskraft nochmals festgehalten worden wäre.

"Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht!"
Bertolt Brecht

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Rechtsanwalt Stephan Bartels
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